Veränderung von Luftströmen und Hitzeentwicklung in Jena

Von | Juni 13, 2023

Wir sind – zum Glück – nicht die Einzigen, die sich Sorgen machen!!

Mit 23/1983-BV „Veränderung von Luftströmen in Jena“ wurde im Stadtrat von der Partei „Die Linke“ gefordert, eine Untersuchung der Auswirkungen der geplanten innerstädtischen Bauvorhaben – im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung – zu beauftragen.

Dazu sind einige Details wichtig, auf die im Folgenden hingewiesen wird:

  1. Gemäß der JenKAS-Studie, die im Gegensatz zur Hochpunktstudie bzw. deren Fortschreibung im Jahr 2021 einzig auf validen wissenschaftlichen Daten und Erkenntnissen beruht, ist das städtische Klima durch die Tallage geprägt. Dadurch wird eine großräumige Durchlüftung behindert, in austauscharmen Wetterlagen Inversionen ausgesetzt und bei sommerlichen Strahlungswetterlagen erfolgt eine starke Überhitzung des Stadtkörpers. (Bundesumweltamt 2018) Auf Grundlage dieser Studie wurde das Handbuch „Klimagerechte Stadtentwicklung für Jena“ erarbeitet. Hier wird auf Seite 73 festgestellt:
    Insgesamt spiegeln sich die Betroffenheiten und ihre räumliche Verteilung in den Handlungsempfehlungen wider: In den stark überbauten Stadtlagen (Jena-Zentrum, Jena-Nord, Jena-Süd, Jena-West, Burgau, Göschwitz, Zwätzen) sollten die Anpassungsmaßnahmen vor allem eine Senkung der Wärmebelastung und Erhöhung der Aufenthaltsqualität herbeiführen (…) sollte die Zuleitung von Frisch- bzw. Kaltluft, vor allem aus den Seitentälern, erhalten und stärker auf die thermisch und lufthygienisch belasteten Bereiche (innerstädtische Lasträume, Industrie-/Gewerbegebiete) ausgerichtet werden. In den stärker überbauten Bereichen fallen von Hitze betroffene Quartiere oft mit Gebieten mangelnder Wasserversorgung des städtischen Grüns in der Vegetationsperiode zusammen (z. B. Jena-Zentrum, Jena-Süd, Wenigenjena, Jena-West, Jena-Nord).

    Diese Empfehlung wird mit dem dotSource Campus und weiteren Bauvorhaben konterkariert. Der Planungsprozess für die Hochhausbauten muss einer städtebaulichen und klimatischen Gesamtbetrachtung und -bewertung unterzogen werden, für urbanes Wohnen und Arbeiten, mehr Lebensqualität und eine klimasensible Entwicklung der Stadt.

  2. In der „Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Jena – Handlungsprogramm“ – 20/0651-BV – Beschluss des Stadtrates vom 28.04.2021 – ist als operatives Ziel festgelegt:

    „Bis zum Jahr 2022 wird mindestens eine Klimaoase in einem besonders betroffenen Stadtgebiet geschaffen. Die vorhandenen Frischluftschneisen werden erhalten und qualitativ erweitert. (E 4.1 – Seite 57)

    Dieser Beschluss muss mit den aktuellen Bauvorhaben weiter verfolgt und umgesetzt werden!

  3. Hohe Notwendigkeit für eine regulierte Wärmeentwicklung
    Im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit mit dem Thema
    „Zugang zu urbanen Grünflächen im Kontext von Hitzeereignissen am Beispiel von Jena“
    (Anika Zorn, Susann Schäfer, Uwe Kurmutz, Sophie Köhler) erfolgte eine systematische, teilstandardisierte Befragung der Bewohner*innen der besonders hitzebelasteten Stadtteile im Jahr
    2018. In dieser repräsentativen Befragung gaben die Hälfte der Befragten an, dass
    die vorhandenen innerstädtischen Grünflächen viel zu wenig bzw. zu wenig sind.

    Diese Befragungsergebnisse müssen ernst genommen und mehr Grünflächen bei
    den geplanten Bauvorhaben beauflagt werden.
    Die Klimabilanz des vorliegenden Entwurfs des dotsource Campus ist ernüchternd, außer der denkmalgeschützten Stieleiche werden alle weiteren großen Bäume und Sträucher des Areals gefällt. Visualisierungen des Bauvorhabens mit schweren Bäumen in Balkonkästen und Blumen auf dem Dach dienen ausschließlich dem Marketing. Das ist kein aktiver Klimaschutz!

  4. Welche Wirkung haben bisherige klimarelevante Beschlüsse des Stadtrats?

Wir bitten Sie folgende Verfahrensschritte festzulegen:

  1. Die Ergebnisse des Berichts müssen zeitnah vorgelegt und öffentlich in der Bürger- und Einwohnerschaft diskutiert werden.
  2. Davon ausgehend sind Alternativen für eine ideale Hitze-Luftströme-Bebauung mit signifikanten Verbesserungen zu entwickeln und als kommunale Vorgaben in den Bauprozess einzubringen – bis dahin muss ein Planungsstopp gelten.

Klimasensible Bebauung ja – Hochhäuser nein! Klimaprojektionen zeigen eine signifikante Verstärkung der Hitzebelastung in Jena in den kommenden Dekaden.

Wir plädieren für eine urbane Bebauung, orientiert an der Kubatur des umgebenden Stadtquartiers!

Wir haben unsere Bedenken den Stadträten mitgeteilt. Dieser steht hier zum Download bereit: